Aida Diva: eindrücke von einer Ostseekreuzfahrt
Wenn man eine typische deutsche Kreuzfahrtreederei nennen soll, fällt den meisten befragten Personen Aida Cruises ein. In der Tat verfügt das Rostocker Unternehmen, das zur amerikanischen Carnival Corporation gehört, mit 12 Schiffen, die jeweils zwischen 1.200 und 5.400 Passagieren befördern können, über eine große und vielfältige Flotte.
Aber wie muss man sich eine Kreuzfahrt mit Aida vorstellen? Das Cruising Journal hat im Juli 2022 eine 7-tägige Ostsee-Kreuzfahrt mit der AIDADIVA unternommen.
Wie so viele Sommerreisen von Aida beginnt auch meine in Warnemünde, dem malerischen Außenposten Rostocks direkt an der Ostsee, der sowohl mit dem Auto als auch mit der Bahn bequem zu erreichen ist. So bequem, dass mir mein Koffer gleich am Bahnhof abgenommen wird und ich mir bis zur Einschiffung noch zwei Stunden sorglos die Füße vertreten kann. Ich bin zusammen mit meinem erwachsenen Sohn an Bord, mit dem ich mir eine Innenkabine (Nr. 4344) auf Deck 4 teile. Die Kabine ist erstaunlich geräumig und verfügt über Regale ohne Türen, was das Auspacken und Herausnehmen erleichtert. In fröhlichen Orange- und Gelbtönen gehalten, ist die Farbgebung auch andernorts an Bord ein willkommener Kontrast zu den aktuell angesagten „nordischen“ Farbtönen Grau, Schwarz und Braun.
Die AIDADIVA wurde 2007 gebaut, als dieser Trend noch weit in der Ferne lag. Die Aida-Schiffe waren damals noch als „Clubschiffe“ bekannt und ahmten den Einrichtungsstil mediterraner Clubhotels nach.
All you can eat
Mit Blick auf den Rostocker Seekanal und dessen regen Fährverkehr nach Skandinavien essen wir zum Mittag im „Weite Welt“-Restaurant auf Deck 10, einem von sieben Restaurants an Bord (von denen drei große Büffetrestaurants sind). Durch den Fokus auf Büffets hebt sich Aida Cruises seit dem Start im Jahr 1996 von den meisten seiner Konkurrenten ab und will es seinen Gästen ermöglichen, in einem entspannteren Ambiente zu essen, bietet aber dennoch eine große Auswahl an Speisen.
Das ist zumindest mein Eindruck an diesem ersten Tag an Bord. Die Auswahl an Gerichten ist in der Tat groß, alle sind gut gewürzt, und im Gegensatz zu den Monaten, in denen strenge Anti-Covid-Regeln galten, ist das Selbstbedienungsprinzip zurückgekehrt, Salz- und Pfefferstreuer stehen wieder auf jedem Tisch, und das berühmte „Besteckkarussell“, ein Markenzeichen von Aida, ebenso. Außerdem sind bei Aida alle alkoholfreien Getränke sowie Bier und Tischwein im Ticketpreis enthalten, bei der deutschen Schwester von Costa Cruises gilt also das Prinzip „All you can eat/drink“. Diese Politik bringt es auch mit sich, dass man Kellnerinnen und Kellner, die einem in jedem passenden oder unpassenden Moment ein Getränkepaket zu verkaufen versuchen, bei Aida vergeblich sucht.
Beim abendlichen Auslaufen der AIDADIVA umkreist fast die gesamte Flotte Warnemünder Ausflugsdampfer unser Schiff. Fast könnte man meinen, dies wäre das erste oder letzte Mal, dass die AIDADIVA Warnemünde einen Besuch abstattet, doch natürlich drückt sich darin nicht zuletzt die Verbundenheit der Rostocker und Warnemünder zu „ihrer“ Reederei aus, die sich in den letzten 26 Jahren aufgebaut hat. So viel Zeit ist inzwischen vergangen, seit 1996 die erste AIDA (die zwischenzeitlich umbenannte und unlängst verkaufte AIDACARA) angetreten ist, den deutschen Kreuzfahrtmarkt zu revolutionieren.
Nach dem Erreichen der offenen See ziehen wir uns in die „Aida Bar“ und die „Aida Lounge“ auf Deck 10 vorne zurück. In dieser erstklassigen Lage an Bord würde man normalerweise viele Passagiere und damit auch einen hohen Lautstärkepegel erwarten, aber nichts dergleichen: Beide Räume erweisen sich vielmehr als Rückzugsgebiete, wo man in Ruhe einen Drink genießen und sich gepflegt miteinander unterhalten kann. Der Aida Lounge mit ihren rosa Sofas und ihrem herrlichen Ausblick in Fahrtrichtung ist sogar noch eine kleine Bibliothek angegliedert; außerdem dient die Lounge als eine Art Gesellschaftsraum, in dem Familien und Paare regelmäßig Karten- und Brettspiele spielen. Man kann Aida nicht genug dafür loben, diese Lounge nicht schon längst in eine weitere Bar verwandelt zu haben, wo Easy Listening-Musik vor allem dazu führt, dass man auf dem Absatz Kehrt macht, um sich einen anderen Ort zu suchen, wo man seine Zeit ungestört verbringen kann.
Zum Abendessen Nr. 1 an Bord der AIDADIVA gehen mein Sohn und ich ins „Bella Vista“-Restaurant auf Deck 11. Da es kein wirklich „formelles“ Abendessen an Bord gibt (abgesehen vom „Buffalo Steakhouse“ und dem auf dieser Reise geschlossenen „Rossini“), muss man sich zu dieser Stunde auch nicht in Schale werfen, was die sehr entspannte Bord-Atmosphäre unterstreicht. (Lange Hosen sollten es jedoch im Restaurant schon sein.) Feste Sitzplätze gibt es ebenso wenig, der Abend im Restaurant beginnt also jedes Mal aufs Neue mit der mehr oder weniger langen Suche nach einem freien Tisch. Je größer die Reisegesellschaft, desto länger kann diese Suche schon mal dauern.
Wie schon das Mittagessen kann auch das Abendbüffet überzeugen. Die Qualität der Speisen am Büffet ist besser als vieles, was man bei anderen Reedereien in diesem Marktsegment in den A la Carte-Restaurants serviert bekommt, von der Größe der Portionen ganz zu schweigen. Thematisch ist das „Bella Vista“ leicht mediterran angehaucht, doch obwohl es ein reines Büffetrestaurant ist, ist Fast Food oder allzu gewagte Crossover-Küche rar. Stattdessen sind alle Gerichte mit einem Schild gekennzeichnet, das die Zutaten und das Herkunftsland ausweist, so dass man an Bord praktisch auf eine kulinarische „Weltreise“ gehen kann. Hierzu ändert Aida sein kulinarisches Motto nicht nur von Tag zu Tag, sondern auch von Restaurant zu Restaurant.
Wenn dann auch noch der Tischwein perfekt temperiert ist und die Kellner schneller nachschenken, als man „Stopp“ sagen kann, bekommen die Restaurants bereits an diesem ersten Tag der Kreuzfahrt die volle Punktzahl.
Pooldisco und lasershow
Auf dem Pooldeck (Deck 12) feiert Aida wenig später den Tag der Einschiffung mit der ersten Open Air-Party, einer von vielen, die noch folgen werden. Nicht, dass die Pools selbst oder das Wetter dazu angetan wären, bis weit nach 22 Uhr zu plantschen. Doch nach mehr als zwei Jahren voller Covid-19-Einschränkungen, Lockdowns und Verzichten fühlt sich der Sommer 2022 endlich wieder an wie „vor Corona“ – und das wird auch an Bord der Aida-Schiffe entsprechend gefeiert.
Die Sache ist, dass man dazu „Techno-Schlager“ mögen muss, jene stark computerisierten Versionen deutschsprachiger Hits, die außerhalb deutscher Dorfdiscos zu Recht selten bis nie zu hören sind. Doch während diese Lieder an Land bei weitem nicht jedermanns Geschmack sind, passen sie perfekt zu Aidas Passagierklientel. Jedenfalls fühlt sich die Pooldeck-Party mit anschließender Lasershow wie eine Explosion der Sinne an. Und damit die Gäste die Party auch in vollen Zügen genießen können, ist der folgende Tag in bester Kreuzfahrttradition ein Seetag.
Lounges und Bars
Ein solcher beginnt idealerweise mit Ausschlafen und einem ausgiebigen Frühstück. Auf der AIDADIVA bedeutet dies frisch gebackene Brötchen, wobei man die Butter und Margarine dafür nicht erst nach langem Suchen am anderen Ende des Büffets findet, sondern direkt neben den Backwaren, wo sie logischerweise hingehört. Gleiches gilt auch für andere Speisen am Büffet, so dass die Wege angenehm kurz sind. Aida bietet auch eine komplette Teebar, die keine Geschmacksrichtung auslässt, sowie frische Fruchtsäfte.
Am Vor- und Nachmittag erkunden mein Sohn und ich die AIDADIVA Deck für Deck. Eines der Markenzeichen von Aida und Herzstück des Schiffes ist das „Theatrium“, eine Kombination aus Theater und Atrium, in dem tagsüber geprobt wird, was in den Abendstunden als Show dargeboten wird. Im Theatrium ist also immer etwas los, nur der „Wow“-Faktor variiert je nach Tageszeit.
Eine etwas unglückliche Einrichtung auf Aidas siebenköpfiger „Sphinx“-Klasse (von der die AIDADIVA das Typschiff ist), ist dagegen die „Wellness Oase“, der große Spa-Bereich, der sich vorne auf Deck 12 und 14 befindet. (Ein Deck 13 gibt es nicht an Bord, Seeleute sind auch im 21. Jahrhundert noch abergläubisch.) Um Zugang dazu zu erhalten, muss man eine Behandlung buchen, ansonsten kann man nur durch die Fenster von den Außendecks einen Blick auf die Oase werfen. Gemessen an den relativ wenigen Menschen, die sich dort aufhalten, erweckt der vergleichsweise riesige Bereich den Eindruck von Platzverschwendung. Konsequenterweise ist er auf der nachfolgenden „Hyperion“-Klasse (AIDAPRIMA und AIDAPERLA) in die deutlich besser ausgelastete und frei zugängliche Innenpool-Landschaft „Beach Club“ verwandelt worden.
Die öffentlichen Räume an Bord der AIDADIVA verteilen sich auf drei Decks (9, 10 und 11), wobei alle drei achtern ein Büffetrestaurant beherbergen und in der Schiffsmitte in eine Ebene des Theatriums übergehen. Die Orientierung ist daher einfach, obwohl die Laufwege auf allen drei Decks unterschiedlich sind. So verbindet beispielsweise auf Deck 11 die „Pizzeria Mare“ das Restaurant Bella Vista achtern mit dem zentralen Pooldeck; da aber die Pizzeria im Grunde ein Restaurant ist, ist man sich als Passagier nie sicher, ob man sie als reinen Durchgang benutzen darf oder nicht.
Anders sieht das bei der „Almhütte“ aus, einem Restaurant im bayerisch-alpinen Stil auf Deck 10, das aufgrund seiner Beliebtheit auf anderen Aida-Schiffen auf der älteren AIDADIVA im Frühjahr 2022 ebenfalls eingebaut wurde. Diese Location ist sehr geräumig und kann bei Bedarf auch in eine Sportbar umgebaut werden. Konzeptionell ist es eine Art „Hybrid“-Restaurant, in dem die Speisen inkludiert sind, die Getränke aber nicht und wo die Bestellungen am Tisch (bzw. an den Holzbänken) entgegengenommen werden, obwohl die Speisen selbst nur wenige Meter entfernt hinter einer Glastheke zubereitet werden.
Während unser Schiff in gemächlichem Tempo Stockholm entgegenfährt, werden ihre Passagiere an der frischen Luft mit strahlendem Sommersonnenschein verwöhnt. Und obwohl die AIDADIVA keineswegs mit den Linern von einst vergleichbar ist, bietet das Schiff doch eine ganze Reihe von offenen Decksflächen, wo man bei schönem Wetter die Passage im Freien genießen kann.
Ihr Hauptsonnendeck befindet sich mittschiffs auf Deck 11 und 12, wobei die beiden Decks über Pyramidentreppen miteinander verbunden sind. Während Deck 11 eine Bühne für Animations-, Tanz- und Filmvorführungen bietet, verfügt Deck 12 über zwei Reihen von Liegestühlen, die in einem Halbkreis um die zentrale Oberlichtkuppel angeordnet sind, welche das darunter liegende Theatrium beleuchtet. Auf diesen beiden Decks verteilen sich gleich drei (wenn auch kleine) Pools, die cleverste Lösung ist jedoch der kleine Wassergraben, der rund um die Lichtkuppel verläuft – ideal für Kleinkinder oder einfach nur, um für eine Minute oder zwei die Füße ins kühle Nass zu halten.
Die Außendecks
Um sich auf den Außendecks auf einen Drink zurückzuziehen, haben die Passagiere die Wahl zwischen der Pool Bar (Deck 12) und der Beach Bar (Deck 11), werden aber auch noch weiter achtern fündig, wo sich auf Deck 12 die Anytime Bar bzw. die Ocean Bar befinden. Außerdem verfügen sowohl das Weite Welt-Restaurant auf Deck 10 als auch das Bella Vista-Restaurant auf Deck 11 jeweils über eine Außenterrasse – ideal, wenn man einen ruhigen Ort abseits des trubeligen Pooldecks suchen. Die terrassenförmigen Decks am Heck sind meist weniger frequentiert, und wenn es kühl wird, liegen in der Anytime Bar sogar Kuscheldecken bereit, um die frische Meeresluft genießen zu können, ohne gleich frieren zu müssen.
Auch im Schiffsinnern hält Aida Sofas und bequeme Stühle in versteckten Ecken bereit, wo man normalerweise keine erwarten würde. Auf diese Weise wird nicht nur kein Platz ungenutzt gelassen, sondern es scheint, als habe hier jemand genau an jene Passagiere gedacht, die eine ruhige Minute den Aktivitäten vorziehen, welche man üblicherweise mit Kreuzfahrtanbietern in diesem Marktsegment verbindet.
Auch die Besatzung der AIDADIVA nutzt an einem schönen Sommertag wie diesem die Sonnendecks des Schiffes auf vielfältige Weise aus. So findet am Nachmittag auf der Bühne des Pooldecks der „Poolgarten“ statt, eine Kombination aus Open Air-Interviews und Livemusik-Acts, die an den ZDF-Fernsehgarten angelehnt ist. Nach Sonnenuntergang wiederum wird auf derselben Bühne auf großer Leinwand ein Kinofilm gezeigt, und wieder werden Badetücher und Decken ausgeteilt, damit die Passagiere den Film auch tatsächlich bis zu seinem Ende in der kühlen Mitternachtsstunde genießen können.
Pizza und barbecue
Stockholm begrüßt uns am nächsten Morgen mit einem bedeckten Himmel. Trotzdem sind die ersten Passagiere bereits um 6 Uhr morgens an Deck oder in der Aida Lounge unterwegs, um die malerische Fahrt durch die Schären zu verfolgen. Eher pragmatisch dagegen hebt Kapitän Lars Rentsch in seiner morgendlichen Borddurchsage das kostenlose WLAN-Netz in der schwedischen Hauptstadt hervor. Ein kleines Indiz dafür, wie wichtig es nicht nur für die Passagiere geworden ist, Bilder und Erinnerungen an ihre Kreuzfahrterlebnisse in den sozialen Medien zu posten, sondern auch für die Reederei, von dieser Möglichkeit der (kostenlosen) Werbung indirekt zu profitieren.
Nach zwölf Stunden Sightseeing hauptsächlich auf Stockholms Wassertaxis und Inselfähren entscheiden mein Sohn und ich uns bei unserer Rückkehr an Bord für einen Besuch der Pizzeria. Das Konzept ist dabei gut durchdacht: Dadurch, dass die Gäste ihre Pizza am Tisch bestellen, vermeidet die Location den Eindruck, ein reines Fast-Food-Outlet zu sein. Andererseits ist die Pizza an Bord ebenso kostenlos wie die übrigen Mahlzeiten auf dem Schiff – ein deutlicher Unterschied etwa zu Aidas Schwesterfirma Costa, wo das Nationalgericht Italiens nur gegen Aufpreis erhältlich ist.
Allerdings ist der Service in der Pizzeria langsam, und das obwohl diese bei unserem Besuch nur etwa zur Hälfte gefüllt ist. (Dem muss man entgegenhalten, dass auch Aida Cruises im Jahr 2022 als Corona-Spätfolge unter einem Mangel an Servicekräften leidet.) Und ob das Ergebnis wirklich, wie von Aida beworben, die „beste Pizza auf See“ ist, sei einmal dahingestellt.
Ungewöhnlich für 7-tägige Ostseekreuzfahrten bleibt die AIDADIVA über Nacht in Stockholm. Ihre Passagiere haben so die seltene Gelegenheit, die schwedische Hauptstadt bis spät abends und/oder am nächsten Morgen für einen weiteren (halben) Tag zu erleben. Wir ergreifen letztere Gelegenheit, kehren aber rechtzeitig zur Mittagszeit zum Schiff zurück, um jenen einzigartigen „Ausguck“ auf Deck 14 aufzusuchen, der während der Rückfahrt durch den Schärengarten einen ungehinderten Blick in Fahrtrichtung bietet.
Auf dem Sonnendeck serviert Aida derweil ein Barbeque am Pool, musikalisch begleitet von den Songs von Genesis und Pur. Ansonsten kommt das Tagesprogramm erfrischend kurz daher – ein Zeichen dafür, dass sich Aida-Passagiere auf einer destinationsintensiven Ostsee-Kreuzfahrt wie dieser auch sehr gut selbst beschäftigen können. Manchmal ist weniger tatsächlich mehr.
An Bord sind auf dieser Reise übrigens knapp über 2.000 Passagiere, das Schiff ist also mehr oder weniger ausgebucht. Die Gesamtkapazität der AIDADIVA bei voller Belegung beträgt 2.500 Passagiere, dann sind in sämtlichen Kabinen auch die vorhandenen Oberbetten für eine mögliche 3. und 4. Person belegt, was in den meisten Fällen Kinder sind, die in der Kabine der Eltern mitreisen. Letztere werden an Bord interessanterweise kulinarisch besonders umsorgt: Um 17:30 Uhr öffnet Aida eines der Büffetrestaurants ausschließlich für Familien mit Kindern – eine halbe Stunde, bevor die offizielle Essenszeit für die „normalen“ (erwachsenen bzw. allein reisenden) Passagiere beginnt. Und auch wenn auf dieser Reise erstaunlich wenige Kinder oder Jugendliche an Bord sind, die durch lautes oder wildes Verhalten auffallen, ist dies doch ein cleverer Weg, Gruppen von Passagieren voneinander zu trennen, die verschiedene Vorstellungen von einem entspannten Abendessen auf See haben.
Fußball und Bier
Die nächste Station unserer Ostseekreuzfahrt ist Visby, die Hauptstadt der schwedischen Insel Gotland, welche weltberühmt für ihre mittelalterliche Architektur ist. Wir teilen uns dabei den Liegeplatz mit der MEIN SCHIFF 6 von TUI Cruises, und obwohl dies bedeutet, dass heute mehr als 4.000 Kreuzfahrttouristen gleichzeitig an Land gehen, fühlt sich die malerische UNESCO-Weltkulturerbestadt selten überfüllt an.
Bei der Wahl des Restaurants für das Abendessen entscheiden wir uns heute für das Markt-Restaurant auf Deck 9, das letzte der drei großen Büffetrestaurants. Der Eindruck ist allerdings derselbe wie schon im Bella Vista- bzw. Weite Welt-Restaurant: Die Auswahl an Gerichten ist außergewöhnlich groß, und wenn man die Kellner nicht aktiv davon abhält, Bier und Wein nachzuschenken, ist man innerhalb einer halben Stunde betrunken. Mein Sohn und ich dehnen unseren Besuch daher nicht über die Maßen aus, sondern nehmen im Anschluss eine Art „zweites Abendessen“ in der Almhütte ein. Dies auch, um uns für den späteren Verlauf des Abends einen Tisch mit Blick auf den TV-Bildschirm an der Wand zu sichern.
Das Burger-Menü „Gletscherschmelze“ ist genial (das Dessert ebenso), aber der Hauptgrund, heute Abend ausgerechnet die Almhütte zu frequentieren, ist Aidas Ankündigung gewesen, das Halbfinalspiel der Frauen-Fußball-EM Deutschland gegen Frankreich hier live zu übertragen. Die gleiche Idee wie wir hatten jedoch auch noch andere Passagiere, so dass die Almhütte heute weit mehr Publikum als üblich anzieht.
Die Stimmung während der Fernsehübertragung ist prächtig, die Kellnerinnen und Kellner können sich also eines kontinuierlichen Stroms an Bierbestellungen erfreuen. Darunter ist auch die berühmte „Maß“, die an Bord für 9,90 € zu haben ist.
Als sich die Almhütte während der zweiten Halbzeit weiter füllt, überträgt Aida das Spiel kurzerhand auch noch auf der Leinwand im Theatrium. Ein klassischer Fall von Nachfrage und Angebot, sollte man meinen, doch bei anderen Reedereien ist man leider längst nicht so flexibel. Auch hier denkt hinter den Kulissen jemand mit, anstatt starr am vorgefertigten Tagesprogramm festzuhalten.
Fußball und Bier machen die AIDADIVA an diesem Abend jedenfalls zu einem der fröhlichsten Passagierschiffe auf der Ostsee, denn am Ende des langen Fußballabends ist das deutsche Frauen-Team nach Verlängerung ins Finale eingezogen.
Tage wie dieser
In der Nacht setzt die AIDADIVA ihren Kurs entlang der schwedischen Ostseeküste nach Süden fort, um am nächsten Morgen Karlskrona anzulaufen, einen Hafen, der im späten 17. Jahrhundert eigens für die wachsende schwedischen Kriegsflotte angelegt wurde. Da unser Schiff zu groß ist, um an den historischen Kais der Altstadt anzulegen, ankert es stattdessen in der Bucht und bringt seine Passagiere in den bordeigenen Rettungs- bzw. Tenderbooten an Land.
Karlskrona hat sowohl in Sachen Schifffahrtsgeschichte als auch in punkto sehenswerter Architektur viel zu bieten, so dass der Tag an Land abermals schnell vergeht. Und die Sonne scheint weiterhin, was bedeutet, dass bei der Abreise um 17 Uhr die offenen Decks der AIDADIVA beim Auslaufen wieder alles andere als leer sind. Erleichtert wird einem die Entscheidung, abends länger an Deck zu bleiben, auch durch Aidas Politik, jede der abendlichen Shows im Theatrium zweimal zu zeigen, und das obwohl es an Bord nicht mehr die klassische Trennung zwischen erster und zweiter Restaurantsitzung gibt. Das sonst übliche Gehetze, am selben Abend Auslaufen, Essen und Show mit jeweils fixen Zeiten unter einen Hut bringen zu müssen, entfällt also; auch hier ermöglicht Aida eine herrlich unkomplizierte Gestaltung des eigenen Tagesablaufs an Bord. Was das Theatrium betrifft, hilft die Dopplung der Shows aber auch dabei, so vielen Gästen wie möglich überhaupt zu ermöglichen, sie zu sehen, denn nicht alle 2.000 Passagiere passen auf einmal in die Bankreihen, egal wie eng man dort zusammenrückt.
Für die heutige Show „Rock – the Concert“ sind jedenfalls alle drei Ebenen des Theatriums voll besetzt, und das bei beiden Vorstellungen. Die Show ist großartig und könnte für manche Gäste gerne auch länger als 45 Minuten dauern. Tatsächlich sind alle Shows, die wir bisher gesehen haben, höchst unterhaltsam gewesen. Einziger Wermutstropfen ist, dass im Sommer viele der Shows im Theatrium bei Tageslicht stattfinden, da weder die Seitenfenster des Schiffes noch der Skydome an der Decke abgedunkelt werden können. Und „Rock“ bedeutet wie schon bei so mancher Party an Deck einen Song-Mix mit allerhand Zugeständnissen an Aidas deutsche Kernklientel. Darunter fällt nicht nur „Winds of Change“ von den Scorpions und „Tage wie dieser“ von den Toten Hosen, sondern bizarrerweise auch „Hey, wir wollen’n die Eisbärn sehn“ von den Puhdys. Doch was soll’s, es sind Songs, mit denen sich jeder an Bord identifizieren und bei denen jeder den Refrain fröhlich mitsingen kann. Für die Stimmung auf dem Schiff ist das die Hauptsache.
Kopenhagen und zurück
Nach drei schwedischen Häfen in Folge ist für den letzten Kreuzfahrttag Kopenhagen an der Reihe, bevor die AIDADIVA morgen wieder nach Warnemünde zurückkehrt. Unser Schiff legt in der dänischen Hauptstadt an der Langelinie an, in bequemer Nachbarschaft also zur „Kleinen Meerjungfrau“ und zum „Nyhavn“, zweien der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Kopenhagens. Wir erkunden die Stadt zu Fuß – und erleben dabei eine quirlige Metropole, die sich ähnlich wie London vor lauter Bautätigkeit ständig neu erfindet und die mit dem verschlafenen „Olsenbanden-Charme“ der 1980er Jahre nicht mehr viel gemein hat. Um 18 Uhr wird die Gangway der AIDADIVA, die zurückkehrende Passagiere treffend mit dem Slogan „Willkommen zuhause“ begrüßt, ein letztes Mal eingeholt, dann heißt es „Leinen los“ – Kurs Warnemünde.
Einer weiteren maritimen Tradition folgend, gibt der letzte Abend an Bord der Crew die Möglichkeit, ihr Talent zu zeigen, sei es durch Tanzen, Singen oder Ähnliches. Auf den Aida-Schiffen heißt diese Tradition „Crew meets Band“, und auch wenn einige Talente ausgeprägter sind als andere, bekommt jedes Crewmitglied einen tosenden Applaus, bevor am Ende Kreuzfahrtdirektor Malte die leitenden Offiziere, Abteilungsleiter und diverse nicht diensthabende Crewmitglieder im Defilee vorstellt.
Die Passagiere haben sich zu diesem Anlass erneut auf dem Pooldeck versammelt, fiebern aber teilweise auch schon der letzten Lasershow und der Farewell-Party entgegen. Nach sieben Tagen All you can eat, Techno-Schlagern bis zum Abwinken und Landgängen in einigen der schönsten Häfen Skandinaviens wartet morgen auf die meisten von ihnen wieder Weckerklingeln, Schwarzbrot und Tagesschau.
Wir selber verlassen die AIDADIVA nach unserer Woche an Bord positiv überrascht und ziemlich beeindruckt. Obwohl den Aida-Schiffen der Glamour großer A la Carte-Restaurants fehlt, in denen die Passagiere abends zu festen Zeiten fein herausgeputzt zusammenkommen, waren die Mahlzeiten in den drei Büffetrestaurants des Schiffes sowohl in Bezug auf die Vielfalt als auch im Hinblick auf ihre Qualität fantastisch. Darüber hinaus war der Service an Bord äußerst aufmerksam und die 2.000 Passagiere eine angenehme Mischung aus Familien mit Kindern/Jugendlichen und Paaren in den Vierzigern und Fünfzigern.
Und obwohl die AIDADIVA als Vertreterin der Sphinx-Klasse kleiner ist als die AIDAPRIMA und AIDANOVA und deren Schwestern, gab es während unserer 7-tägigen Kreuzfahrt immer etwas zu sehen, zu erleben oder zu unternehmen an Bord. Für die einen ist das Party und Animation, für die anderen eine Lesestunde in einem Sessel, ein Spiele-Nachmittag auf hoher See oder ein Drink in einer der vielen Bars an Bord. Die AIDADIVA ist für all dies das fast perfekte Schiff – ein Kreuzfahrtschiff in den besten Jahren, dessen fröhlich bunte Farben im Innern die ebenso zwanglose Atmosphäre an Bord widerspiegeln.
Aida Cruises macht nach über 25 Jahren im Geschäft vieles richtig und hat sich bis ins kleinste Detail auf die Bedürfnisse und Ansprüche seiner deutschsprachigen Stammkundschaft eingestellt. Die Zahlen geben der Reederei dabei Recht: Allein 2019, im letzten Vor-Corona-Jahr, beförderte die Reederei auf ihren Schiffen ca. 1,3 Millionen Passagiere, weit mehr als jede ihrer Mitbewerberinnen. Hier weiß jemand genau, wie die deutsche Kreuzfahrtseele tickt.
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