Die Geschichte der Norwegian Cruise Line
Es ist der Stoff, aus dem gute Bücher sind: Aus der Not geboren, entwickelt sich ein höchst erfolgreiches Unternehmen. Es prägt eine Branche, setzt Maßstäbe. Wagt, was noch nie jemand zuvor gewagt hat und feiert damit große Erfolge. Doch irgendwann verpasst es den Anschluss und droht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Bis ein Retter aus fernen Landen auftaucht und es wieder in die Gruppe der bedeutendsten Firmen seiner Branche führt. Die Ironie: Heute ist der Retter pleite – das Unternehmen, um das es hier geht, befindest sich jedoch unverändert auf der Erfolgsstraße. Sie finden, diese „Story“ klingt übertrieben und unrealistisch? Dann erleben Sie im Folgenden: Die Geschichte der Norwegian Cruise Line!
Es begann mit einem Dilemma: Der norwegische Reeder Knut Kloster hatte 1965 bei der Werft Bergens Mekaniske Verksted (Norwegen) eine für damalige Verhältnisse hochmoderne Autofähre bestellt, die am 20. Juni 1966 an die Klosters Rederi abgeliefert wurde. Die Sunward kam in der Folge zwischen Southampton und Gibraltar zum Einsatz, doch die Route wurde bereits Anfang November desselben Jahres wieder eingestellt. Ein Verkauf des Schiffs an Silja Line scheiterte aufgrund der mangelnden Eisklasse. Einen Interessenten jedoch gab es: Ted Arison, ein ursprünglich in Israel geborener amerikanischer Geschäftsmann, bot Kloster an, die Sunward gemeinsam für Kreuzfahrten ab Florida einzusetzen. Die Arison Shipping Company hatte bereits zuvor einen Fährdienst zwischen Florida und den Bahamas betrieben, stand jedoch plötzlich ohne seine gecharterten Schiffe da, nachdem diese aufgrund der Insolvenz des Eigners vom israelischen Staat, der sie finanziert hatte, eingezogen worden waren. So entstand Norwegian Caribbean Lines. Am 19. Dezember 1966 brach das Schiff erstmals von Miami aus mit Kurs Nassau auf. Neben zwei Kabinendecks bot die Sunward zwei weitere mit öffentlichen Räumen sowie nochmals zwei mit Außenbereichen inklusive einer kleinen Aussichtslounge hoch oben im Schiff. Von Vorteil war die durchgehende Klimatisierung des modernen Schiffs. Die sonst von Florida aus auf Kreuzfahrten verkehrenden ehemaligen Liner boten diese oftmals nicht und die Buchungszahlen der Sunwards entwickelten sich so positiv, dass bereits 1968 und 1969 zwei größere Schiffe folgten.
Diese hatte Klosters Rederi bei der zur AG Weser gehörenden Seebeck-Werft in Bremerhaven (Deutschland) bestellt und sie erhielten die Namen Starward und Skyward. Diese waren rund 80% größer und als reine Kreuzfahrtschiffe konzipiert, wobei die Starward anfangs noch über ein kleines Autodeck verfügte, das jedoch 1976 zusätzlichen Kabinen und öffentlichen Bereichen wich. In den Jahren 1969 und 1970 erfolgte die Bestellung zweier weiterer Schiffe, diesmal bei der italienischen Werft Cantieri Navali del Tirreno Riuniti. Das erste der beiden Schiffe, die Southward, wurde am 30. November 1971 in Miami getauft, doch die geplante Seaward kam niemals für Kloster in Fahrt. Während des Baus der Schiffe geriet die Werft nämlich in finanzielle Schwierigkeiten und nach erheblichen Streitigkeiten zwischen Reederei und Werft über die Fertigstellung wurde dieser zur Fertigstellung an die Peninsular & Oriental Steam Navigation Company, kurz P&O, verkauft und kam 1972 als Spirit of London in Fahrt.
Die zunehmenden Spannungen zwischen Arison und Kloster führten indes 1971 zum Bruch der Zusammenarbeit. Arison und seine US-amerikanischen Mitarbeiter hatten zuvor die Bereiche Marketing und Verkauf geleitet, während der Schiffsbetrieb Klosters Norwegern oblag. Kloster führte den Betrieb fortan alleine weiter, Arison stand abermals ohne Schiffe da – allerdings nicht lange. Doch das ist eine andere Geschichte, nämlich die der Carnival Cruise Line. Die Sunward wurde binnen Jahren ein Opfer ihres eigenen Erfolgs und wurde im November 1972 nach Frankreich verkauft. 1977 kaufte Kloster die Cunard Adventurer von der britischen Traditionsreederei Cunard und brachte das nur sechs alte Schiff nach einer umfangreichen Renovierung in Bremerhaven als Sunward II in Fahrt.
1979 brachte schließlich ein Ereignis, das die moderne Kreuzfahrtbranche nachhaltig prägen sollte: Knut Kloster kaufte die erst 17 Jahre alte, seit 1974 in Le Havre aufgelegte France der Compagnie Générale Transatlantique. Der ehemalige Transatlantikliner war nicht nur einer der größten Schiffe seiner Zeit, sondern auch – nach der United States – das zweitschnellste Passagierschiff auf dem Atlantik und das längste bis dato gebaute Passagierschiff. Mit seinerzeit 66.343 BRT war die France größer als die vier Bestandsschiffe der Norwegian Caribbean Lines, in der Folge auch als „White Ships“ bekannt, zusammen! Bei der Lloyd Werft in Bremerhaven wurde das Schiff für rund 80 Millionen US-Dollar zur Norway umgebaut und am 14. April 1980 auf ebendiesen Namen getauft. Die Mitbewerber der Norwegian Caribbean Lines beäugten das „neue“ Schiff mit Argwohn. Zwar betrieb Ted Arisons Carnival Cruise Lines inzwischen eine Flotte dreier ehemaliger Atlantikliner, doch waren diese nicht einmal halb so groß wie das neue NCL-Schiff. Die Eignung eines Schiffs mit solch gewaltigen Dimensionen, inklusive eines Tiefgangs von 10,5 Metern, für Karibikkreuzfahrten wurde allgemein skeptisch gesehen. Die Maschinenanlage der France wurde im Grunde auf die Hälfte reduziert, was für eine normale Dienstgeschwindigkeit von 18 Knoten reichte, selbst wenn das Schiff auch mit der halben ursprünglichen Maschinenkraft und zwei Schrauben im Fall der Fälle noch beinahe 26 Knoten erreichten konnte, wie der Autor es selbst einmal erleben durfte! Dem Problem, dass die Norway mit ihrem gewaltigen Tiefgang quasi nirgendwo in der Karibik anlegen konnte, begegnete man mit dem Einsatz zweier großer Tenderboote – Litte Norway I und Little Norway II – die als eigenständige Schiffe registriert waren und auf dem großzügigen Atlantikbug der Norway Platz fanden. Mit diesen landungsbootähnlichen Schiffen konnten jeweils 450 Passagiere auf einmal an Land getendert werden. Sie sind übrigens bis heute auf der NCL-Privatinsel Great Stirrup Cay auf den Bahamas im Einsatz. Mit dem erstmals in der modernen Kreuzfahrt verfolgten Konzept, dass das Schiff mehr als nur ein Transportmittel, sondern selbst eines der Kreuzfahrtziele ist („The ship is the destination“) beschritt Norwegian Caribbean Lines Neuland und die Norway entwickelte sich zu einem durchschlagenden Erfolg. Bis heute gilt sie als der erste moderne „Superliner“ der Kreuzfahrtbranche und Vorreiter der heutigen riesigen Resortschiffe, denen gegenüber das ehemals gigantisch anmutende Schiff geradezu klein wirken würde.
Doch Knut Kloster dachte bereits in weitaus größeren Dimensionen: Gemeinsam mit dem bekannten Designbüro Knud E. Hansen wurde in den 1980er Jahren das Konzept für ein 250.000 BRZ großes Schiff mit dem Projektnamen Phoenix World City entwickelt. Es sollte 388 Meter lang und 77 Meter breit sein, mit Platz für 5.200 Reisende. Die Kabinen – allesamt mit Meerblick oder Balkon – sollten in drei hochhausartigen Blöcken untergebracht sein, die öffentlichen Bereiche darunter bzw. die Außendecks auch dazwischen. Tatsächlich wurde 2009 mit der Oasis of the Seas ein ähnlich großes Schiff in Dienst gestellt – jedoch vom Mitbewerber Royal Caribbean International. Im Jahr 2024 sind Schiffe jenseits der 200.000 BRZ Normalität geworden, auch wenn viele große Neubauten noch unterhalb dieser Schwelle liegen. Phoenix World City wurde über mehr als zehn Jahre als Projekt weiterverfolgt, kam jedoch nie zustande.
Die reale Entwicklung der Norwegian Caribbean Lines, seit 1987 Norwegian Cruise Line, nahm allerdings eine andere Richtung. 1986 hatte Kloster die Royal Viking Line übernommen und den Neubauplänen der Konkurrenten Carnival Cruise Lines und Royal Caribbean Cruise Line, die ab Mitte der 1980er Jahre Schiffe in einer der Norway ähnlichen Größenordnung planten – allerdings speziell für Kreuzfahrten entworfen – hatte das Unternehmen zunächst nur wenig entgegenzusetzen. Royal Caribbean stellte 1987 mit der Sovereign oft he Seas ein Schiff vor, das die Norway an Größe übertraf, Carnival brachte 1990 die ebenfalls gut 70.000 BRZ große Fantasy in Fahrt. Norwegian Cruise Line hingegen stellte 1988 mit der nur gut 42.000 BRZ großen Seaward den ersten Neubau seit 1971 in Dienst. 1991 wurden für lediglich zwei Jahre zwei auch schon 20 Jahre alte Schiffe von Royal Viking Line zur Schwestergesellschaft NCL transferiert, und auch die nächsten Neubauten – Dreamward und Windward in den Jahren 1992 und 1993 – fielen mit knapp 40.000 BRZ eher moderat aus. In den 1990er Jahren erfolgten weitere Zukäufe von Second-Hand-Schiffen, teilweise durch Übernehmen kleiner Reedereien. Ab 1996 wurde sukzessive ein neues Namensschema eingeführt, im Zuge dessen nahezu alle Bestandsschiffe mit Ausnahme der Norway und der Leeward (letztere verließ die Flotte 1999) den Namen Norwegian … erhielten. Einher ging dies mit der Verlängerung dreier Schiffe – Norwegian Wind (ex Windward), Norwegian Dream (ex Dreamward) und der 1997 erworbenen Norwegian Majesty – bei der Lloyd Werft in Bremerhaven. Die verbliebenen vier „White Ships“ der Anfangsjahre waren zwischen 1991 und 1995 verkauft worden und fanden allesamt neue Betreiber.
Den Bau ihres ersten modernen Superliners konnte Norwegian Cruise Line 1997 in Angriff nehmen. Aus der Insolvenzmasse der deutschen Werft Bremer Vulkan erwarb man den zu rund 35% fertiggestellten Neubau Costa Olympia, der ursprünglich von Costa Crociere als Schwesterschiff der 1996 abgelieferten Costa Victoria bestellt worden, jedoch dem finanziellen Kollaps der Bauwerft zum Opfer gefallen war. Gemeinsam mit dem langjährigen Partner Lloyd Werft wurde das Schiff in Bremerhaven als Norwegian Sky fertig gestellt und im Sommer 1999 abgeliefert. Zur Fertigstellung im Sommer 2001 orderte NCL das Schwesterschiff Norwegian Sun, für das die Stahlbauarbeiten im Unterauftrag der Lloyd Werft mangels eigener Neubaukapazitäten in Wismar erfolgten. Das unfertige Schiff wurde dann durch den Nord-Ostsee-Kanal zur Fertigstellung nach Bremerhaven überführt.
Unterdessen änderte sich auch die Eignerstruktur: Bereits 1995 hatte Carnival Corporation – die Reederei von Klosters ehemaligem Partner Ted Arison, die nunmehr von dessen Sohn Micky geführt wurde – eine Übernahme von Kloster Cruise geprüft, die Gespräche dann jedoch abgebrochen. Der Name Kloster Cruise verschwand 1995/1996 und NCL Holdings ASA war nunmehr die Bezeichnung der NCL-Muttergesellschaft. Im Dezember 1999 startete Carnival Corporation dann den Versuch einer feindlichen Übernahme von NCL Holdings ASA und bot den Anteilseignern einen von Analysten als niedrig empfundenen Kaufpreis ihrer Anteile von NOK 30,- pro Aktie. NCL Holdings wies das Angebot zurück und führte seinerseits Gespräche mit Premier Cruise Lines und der zur malaysischen Genting-Gruppe gehörenden Star Cruises, die in Asien gerade die erste moderne Kreuzfahrtreederei mit ehrgeizigen Neubauprogramm aufbaute. Nach einigem Hin und Her verkündeten Star Cruises und Carnival Corporation dann am 2. Februar 2000, man habe eine Einigung zur Gründung eines Joint Ventures erzielt, an dem Carnival 40% und Star Cruises 60% halten werde. Doch bereits wenige Wochen später zog sich Carnival hiervon zurück, womit Star Cruises, später Genting Hong Kong, als neuer Besitzer der Norwegian Cruise Line hervor ging.
Bei der Meyer Werft in Deutschland hatte Star Cruises bereits 1998 und 1999 zwei große, moderne Kreuzfahrtschiffe bauen lassen und zur Ablieferung 2001 und 2002 die Panamax-Schiffe SuperStar Libra und SuperStar Scorpio bei den Papenburger Schiffbauern bestellt. Diese wurden nun stattdessen für Norwegian Cruise Line fertiggestellt, womit 2001 neben der Norwegian Sun mit der Norwegian Star gleich ein zweiter Neubau zur Flotte stieß. Einher ging dies mit einer großen konzeptionellen Änderung, denn Star Cruises brachte sein „Freestyle Cruising“ genanntes, modernes Kreuzfahrtkonzept in den Neuerwerb Norwegian Cruise Line ein. Traditionelle, feste Tischzeiten, formelle Abende und ähnliche „alte Zöpfe“ der Kreuzfahrt sollten abgeschnitten werden. Während die Norwegian Star (ursprünglich als SuperStar Libra geplant) für dieses Konzept bereits von Beginn an vorgesehen worden war, waren bei der Norwegian Sun einige Anpassungen nötig. 2002 folgte dann die Norwegian Dawn (bestellt als SuperStar Scorpio). Anstelle zweier 112.000 BRZ großer Neubauten, die Star Cruises zur Ablieferung ab 2003 bei der Meyer Werft bestellt hatte, folgten in den Jahren 2005 bis 2007 insgesamt vier auf der Norwegian Star basierende, jedoch modifizierte und leicht vergrößerte Schiffe der „Jewel“-Klasse.
Für die Norway sollte die Übernahme durch Star Cruises im Jahr 2001 das Aus bedeuten. Und so brach sie im September zu ihrer „finalen“ Transatlantikreise auf. Im Anschluss an einen Aufenthalt bei der Lloyd Werft sollte sie zu Star Cruises nach Asien wechseln. Doch recht kurzfristig entschied man – auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Terroranschläge vom 11. September 2001 – noch einmal um, und das Schiff kehrte nach Miami zurück, wo es weiterhin auf einwöchigen Kreuzfahrten eingesetzt wurde. Bis zum schicksalhaften Morgen des 25. Mai 2003. Das Schiff hatte gerade wieder in Miami festgemacht, als einer der Kessel explodierte. Acht Besatzungsmitglieder starben, 17 weitere wurden verletzt. Die Norway wurde nach Bremerhaven geschleppt, dort entgegen der vorher angekündigten Pläne jedoch nicht repariert, sondern letztlich zum Abbruch verkauft.
Im August 2002 bestätigte Norwegian Cruise Line nach wochenlangen Spekulationen, zwei für die insolvente American Classic Voyages bei der US-Werft Ingalls Shipbuilding im Bau befindliche Schiffe zu übernehmen. Diese waren für den Einsatz auf einwöchigen, rein inneramerikanischen Hawaii-Kreuzfahrten bestellt worden und mussten daher, um dem Passenger Services Act von 1886 (!) zu genügen, in den USA gebaut werden sowie unter US-Flagge und mit amerikanischer Besatzung fahren. Es gelang der Reederei jedoch, eine Ausnahme hiervon zu erwirken, sodass das erste Schiff bei der Lloyd Werft in Bremerhaven fertiggestellt werden konnte. Die Ablieferung war für Frühling 2004 vorgesehen, doch am 14. Januar 2004 sank der Neubau an der Werftpier in einer stürmischen Nacht, was die Ablieferung auf Juni 2005 verzögerte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Pride of Aloha, bei der es sich um die ehemalige Norwegian Sky handelte, bereits seit einem Jahr im hawaiianischen Archipel im Dienst. Auch hier hatte Norwegian Cruise Line erreichen können, dass zwei nicht in den USA gebaute Schiffe unter US-Flagge fahren dürfen. Neben der Pride of Aloha war dies die Pride of Hawai’i, das zweite Schiff der „Jewel“-Klasse, das im Frühling 2006 fertiggestellt wurde. Bereits am 14. April 2003 hatte Norwegian Cruise Line zudem mit der Ankündigung überrascht, die seit 1969 aufliegende United States, den schnellsten jemals gebauten Transatlantikliner, und zudem auch die zuvor von American Classic Voyages betriebene, 1951 gebaute Independence erworben zu haben. Beide in den USA gebauten Schiffe sollten nach Umbauten die Flotte von NCL America verstärken, der neu gegründeten Marke speziell für die Hawaii-Kreuzfahrten des Unternehmens. In den Folgejahren zeigte sich allerdings, dass das Potential, als Monopolist Hochseereisen in Hawaii unter US-Flagge durchführen zu können, drastisch überschätzt worden war. Pride of Aloha und Pride of Hawai’i wurden 2008 als Norwegian Sky und Norwegian Jade zurück in die internationale NCL-Flotte transferiert, die Independence bereits im Jahr zuvor verkauft, woraufhin sie 2008 verschrottet wurde. 2010 konnte dann die SS United States Conservancy die United States für drei Millionen US-Dollar erwerben. Als einziges Hawaii-Schiff der Norwegian Cruise Line verbleibt somit bis heute die Pride of America.
Unterdessen hatte Norwegian Cruise Line 2004 mit Aker Finnyards eine Absichtserklärung über den Bau eines 92.000 BRZ großen Kreuzfahrtschiffs zur Ablieferung 2007 mit Option für ein Schwesterschiff im Folgejahr abgeschlossen. Bei der neuen Schiffsklasse sollten alle Außenkabinen über einen privaten Balkon verfügen. Der Auftrag wurde jedoch im April 2005 storniert, stattdessen wurde bei der Meyer Werft das vierte und letzte Schiff der „Jewel“-Klasse, die Norwegian Gem, zur Ablieferung 2007 nachgeordert. 2004 war mit der ehemaligen SuperStar Leo eines der beiden Flaggschiffe von Star Cruises zu NCL gewechselt, dessen neuer Name nun Norwegian Spirit lautete. Auf der anderen Seite verließen bis zum Jahr 2009 nach und nach alle älteren Schiffe die Flotte: Norwegian Sea und Norwegian Wind wechselten zu Star Cruises nach Asien, während Norwegian Dream und Norwegian Majesty an Louis Cruise Lines verkauft werden sollten. Letztere trat jedoch vom Kauf der Norwegian Dream zurück, die daraufhin bis 2012 auflag, um am Ende ebenfalls bei Star Cruises zum Einsatz zu kommen. Die Norwegian Majesty hingegen begann ein neues Leben als Louis Majesty und ist heute als Crown Iris für Mano Cruises auf dem israelischen Markt im Einsatz. Die Norwegian Crown schließlich wurde an Fred. Olsen Cruise Lines verkauft, für die sie noch heute als Balmoral fährt.
Ende 2006 kündigte Norwegian Cruise Line den Bau einer neuen Klasse von bis zu drei Schiffen, genannt „F3“ als dritte Generation von Freestyle Cruising, für die Jahre 2009 bis 2011 an. Gebaut werden sollen die rund 155.000 BRZ großen Einheiten bei Aker Yards France in Saint Nazaire. Im August 2007 wurde dann bekannt, dass der Finanzinvestor Apollo Management durch ein Investment von einer Milliarde US-Dollar eine 50%ige Beteiligung an der zwischenzeitlich als NCL Corporation Ltd. firmierenden Dachgesellschaft der Norwegian Cruise Line eingehen möchte. Diese wurde dann im Januar 2008 abgeschlossen. 50% der Besitzanteile verblieben bei Star Cruises. 2007 bzw. 2008 kaufte Apollo ebenfalls die Kreuzfahrtmarken Oceania Cruises und Regent Seven Seas Cruises. Beim Bau der „F3“-Klasse kam es indes zum Streit zwischen Reederei und der inzwischen als STX France agierenden Bauwerft. Norwegian Cruise Line verlangte offenbar Änderungen am ursprünglich vereinbarten Schiffsdesign bzw. unterstellte – je nach Lesart – der Werft, den Bau nicht wie vereinbart durchzuführen. Konkret ging es dabei um Zusatzkosten von mehr als 50 Millionen US-Dollar pro Schiff. Im Dezember 2008 wurde schließlich die Einigung erzielt, eines der beiden fest bestellten Schiffe, die Norwegian Epic, 2010 fertigzustellen und die Bestellung des Schwesterschiffs zu stornieren. NCL zahlte in diesem Zusammenhang Berichten zufolge zusätzliche 55 Millionen Euro für die Fertigstellung der Norwegian Epic sowie 100 Millionen Euro für die Stornierung des zweiten Schiffs.
Nach den Erfahrungen mit dem „F3“-Projekt kehrte die Norwegian Cruise Line mit den nächsten Neubauten wieder zur Meyer Werft zurück und bestellte im Oktober 2010 zunächst zwei etwa 145.000 BRZ große Schiffe in Papenburg, die 2013 als Norwegian Breakaway bzw. 2014 als Norwegian Getaway in Fahrt kamen. Bis 2019 folgten dann die vier auf der gleichen Plattform basierenden, mehr als 20.000 BRZ größeren Schiffe Norwegian Escape, Norwegian Joy, Norwegian Bliss und Norwegian Encore. Nach längerer Vorbereitung wurde die Norwegian Cruise Line Holdings unter dem Kürzel NCLH wieder an die Börse gebracht und am 18. Januar 2013 erstmals in New York an der NASDAQ gehandelt. Die bisherigen Eigentümer Genting Hong Kong / Star Cruises, Apollo Management und TPG Capital tauschten ihre Anteile in NCLH-Aktien, wobei Apollo und Star Cruises ihre Anteile bis 2018 komplett abstießen. 2014 vergrößerte sich das Portfolio der Norwegian Cruise Line Holdings um zwei weitere Marken, als das Unternehmen die Prestige Cruise Holdings für gut drei Milliarden US-Dollar kaufte. Neben der „Massenmarkt“-Reederei NCL ergänzten nunmehr die im gehobenen Premium-Segment angesiedelte Oceania Cruises sowie das Luxusmarke Regent Seven Seas Cruises das Angebot. Zwei Jahre später, im Februar 2016, bestellte die Norwegian Cruise Line dann vier Schiffe bei Fincantieri. Als „Project Leonardo“ angekündigt, basieren diese auf dem hauseigenen, 2013 vorgestellten und skalierbaren „Mille“-Design des italienischen Werftenkonzerns. Die Indienststellung war für die Jahre 2022-2025 avisiert. Am 16. Dezember 2016 feierte Norwegian Cruise Line dann ein großes Jubiläum – exakt 50 Jahre, nachdem die Sunward Miami zu ihrer ersten Kreuzfahrt verlassen hatte.
Die COVID-19-Pandemie und der damit einhergehende weltweite Stillstand der Kreuzfahrt traf die Norwegian Cruise Line wie alle Reedereien hart. Eine enorme Schuldenaufnahme, um Verbindlichkeiten und laufende Kosten begleichen zu können, war – wie auch bei den anderen großen Kreuzfahrtkonzernen – erforderlich. Gleichwohl blieb Norwegian Cruise Line Holdings die einzige der drei großen US-Kreuzfahrtreedereien, sie sich im Zuge der Pandemie von keinem einzigen Schiff trennte! Die ersten beiden „Project Leonardo“-Schiffe, Norwegian Prima und Norwegian Viva, kamen 2022 und 2023 in Fahrt, vier weitere werden als vergrößerte „Prima Plus“-Klasse bis 2028 folgen, beginnend mit der Norwegian Aqua im kommenden Jahr. Der vormalige Eigner Star Cruises / Genting Hong Kong meldete indes im Januar 2022 Insolvenz an und stellte seinen Betrieb ein. Die drei zu diesem Zeitpunkt noch zur Flotte von Star Cruises zählenden ehemaligen NCL-Schiffe SuperStar Libra (ex Seaward), SuperStar Gemini (ex Dreamward) und SuperStar Aquarius (ex Windward) fielen dem Konkurs zum Opfer und wurden verschrottet.
Heute zählen 19 Schiffe zur Flotte der Norwegian Cruise Line. Nach Carnival Cruise Line und Royal Caribbean International mit jeweils 27 Schiffen und MSC Cruises mit 22 Schiffen besitzt die Reederei die viertgrößte Hochsee-Flotte aller Kreuzfahrtveranstalter.
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