Sybille de Margerie: Eleganz auf See gestalten


Im Laufe der Jahre hatten wir das Vergnügen und das Privileg, mit besonders wichtigen Persönlichkeiten der Kreuzfahrtbranche zu sprechen. Sie erklärten uns im Detail ihre Rollen und Ziele, um alle ergänzenden Aktivitäten dieser komplexen Maschinerie der Kreuzfahrtindustrie bestmöglich voranzutreiben. Ein großes Mosaik, das aus einer Vielzahl von Verantwortlichkeiten und Akteuren besteht – so unterschiedlich sie auch sein mögen, sind sie doch alle gleichermaßen entscheidend für den Fortschritt und das reibungslose Funktionieren dieses Geschäfts.

Im Laufe der Zeit haben wir mit Frauen gesprochen, die Kreuzfahrtunternehmen leiten, mit Besatzungsmitgliedern an Bord sowie mit jenen, die das fertige Produkt verkaufen. Kürzlich hatten wir jedoch die Gelegenheit, ein besonders spannendes Thema zu vertiefen, das einen der Schlüsselaspekte einer Kreuzfahrt betrifft: den Bau der Schiffe – und insbesondere die Planung und Gestaltung der Innenräume.

Wir trafen Sybille de Margerie, eine renommierte Architektin, die auf luxuriöse Innenausstattung spezialisiert ist und ihr Büro in Paris hat. Sybille war am Design mehrerer Bereiche der Queen Anne von Cunard Line beteiligt und war somit hautnah an jenem faszinierenden Prozess beteiligt, der allem zugrunde liegt: der Konzeption und dem Bau eines neuen Schiffes. Wir wollten mehr über ihren Ansatz erfahren, über die Art ihrer Erfahrung, und wir wollten Anekdoten und Details über die Arbeit hören, die sie für dieses wunderbare neue Schiff von Cunard geleistet hat.

Sybille, zunächst einmal vielen Dank für deine Verfügbarkeit und dafür, dass du uns in deinem Studio empfangen hast, um uns mehr über deine Arbeit zu erzählen – insbesondere über deine Zusammenarbeit mit den Werften und den Kreuzfahrtgesellschaften. Könntest du uns zu Beginn eine kurze Einführung in deinen Werdegang geben? Über dein Studium, was dich zum Luxuriösen Design gebracht hat und wie es dazu kam, dass du dein eigenes Designstudio in Paris gegründet hast?

Meine Familie besaß mehrere Gebäude in Paris, darunter das Hôtel de Crillon und das Hôtel Lutetia. Seit meiner Kindheit war ich in dieser Welt der Raffinesse zu Hause. Luxus gehört zu meiner DNA.

Ich habe Architektur und Interior Design an der École Boulle in Paris studiert, wo ich eine Leidenschaft dafür entwickelt habe, Räume zu erschaffen, die Emotionen wecken und Geschichten erzählen. Mein Weg im Bereich des luxuriösen Designs ergab sich ganz natürlich durch erste Kooperationen mit renommierten Marken der Hotellerie, die mir ermöglichten, einen raffinierten und detailverliebten Ansatz zu vertiefen. 1989 gründete ich mein eigenes Designstudio in Paris mit der Ambition, die traditionelle französische Eleganz mit zeitgenössischen Einflüssen zu verbinden. So entstehen maßgeschneiderte Innenräume, die die Identität und die Vision jedes einzelnen Projekts widerspiegeln.

Welche waren vor deiner Zusammenarbeit mit Cunard deine erfolgreichsten Projekte oder jene, die deinen Stil und dein Verständnis von luxuriösem Design am stärksten repräsentiert haben?

Einige meiner bedeutendsten Projekte umfassen das Mandarin Oriental in Paris, wo ich die Innenräume der Zimmer, Suiten, des Spas und der öffentlichen Bereiche gestaltet habe. Dabei habe ich den Pariser Charme mit einer zurückhaltenden Form des Luxus kombiniert. Ein weiteres wichtiges Projekt war das Cheval Blanc Courchevel, wo ich daran gearbeitet habe, ein warmes, aber zugleich raffiniertes alpines Refugium zu schaffen, das handwerkliche Kunstfertigkeit mit zeitgenössischer Ästhetik vereint. Darüber hinaus habe ich weltweit luxuriöse Privatresidenzen entworfen, wobei ich stets danach strebe, eine Harmonie zwischen Komfort, Eleganz und individueller Ausdruckskraft zu erreichen.

War Cunard deine erste Erfahrung im Bereich Kreuzfahrtschiffe? Wie ist eure Zusammenarbeit entstanden? War es für dich schwierig, in einer so komplexen Struktur wie einer Werft zu arbeiten, die Schiffe dieser Größenordnung baut? Ich stelle mir vor, dass es eine unglaubliche Koordination mit anderen Unternehmen und Planern erfordert – sicher ein Arbeitsprozess, der nicht alltäglich ist.

Ja, die Zusammenarbeit mit Cunard an der Queen Anne war meine erste Erfahrung im Bereich Schiffbau – und es war eine faszinierende Reise. Die Zusammenarbeit entstand durch eine gegenseitige Verbindung innerhalb der Welt des luxuriösen Designs, und ich war sofort von der Herausforderung begeistert, in einem so einzigartigen Umfeld zu arbeiten. Das Design für ein Schiff zu entwickeln, erfordert eine völlig andere Herangehensweise: technische Einschränkungen, strenge Sicherheitsstandards und die Koordination mit zahlreichen Teams in den Werften. Es war eine spannende und bereichernde Erfahrung, die mich dazu gebracht hat, meinen kreativen Prozess anzupassen.

Kommen wir nun zum konkreten Projekt der Queen Anne. Für welche Bereiche warst du verantwortlich? Wie viele und welche Designstudios waren an dem Projekt beteiligt und wie wurde entschieden, welche Bereiche dir zugewiesen wurden und welche anderen Designern?

Für die Queen Anne war mein Studio verantwortlich für die Gestaltung mehrerer zentraler öffentlicher Bereiche, darunter die Queen’s Room, das Spezialitätenrestaurant Queen’s Grill und die zugehörige Lounge, die Retail-Flächen, das Spa sowie die privaten Bereiche für Premium-Gäste. Es handelte sich um ein kollaboratives Projekt, an dem zahlreiche renommierte Designstudios beteiligt waren, von denen jedes seine eigene Expertise eingebracht hat. Die Zuteilung der verschiedenen Bereiche wurde sorgfältig koordiniert, um eine konsistente Designsprache zu gewährleisten und gleichzeitig jedem Designer genügend Raum für kreative Entfaltung innerhalb der übergeordneten Vision des Schiffes zu lassen. Mein Ziel war es, elegante, intime Räume zu schaffen, die ein Gefühl von zeitlosem Luxus vermitteln – eine Verbindung zwischen der traditionsreichen Geschichte von Cunard und einem modernen, zeitgemäßen Ansatz.

Hast du von Seiten des Auftraggebers konkrete Vorgaben in Bezug auf den Stil erhalten, dem du bei deinen Entwürfen folgen solltest? War das in gewisser Weise einschränkend im Vergleich zu einem Projekt, bei dem man freie Hand hat – etwa wenn man nicht die Geschichte und die Tradition eines so prestigeträchtigen und geschichtsträchtigen Unternehmens wie Cunard Line berücksichtigen muss?

Ja, wir haben klare kreative Leitlinien von Adam Tihany erhalten, der als Art Director für das Queen-Anne-Projekt verantwortlich war. Seine Vision war entscheidend, um die übergreifende Ästhetik zu definieren und sicherzustellen, dass alle Beiträge der beteiligten Designer im Einklang mit der Erzählung des Schiffes standen. Adam wollte, dass das Design die reiche Geschichte von Cunard widerspiegelt und gleichzeitig einen modernen Luxus verkörpert, der sowohl zeitlos als auch frisch ist.

Drei Schlüsselbegriffe: Britishness, Storytelling, Handwerkskunst.

Jeder Bereich sollte eine bestimmte Eleganz verkörpern, tief verwurzelt im britischen Erbe, jedoch interpretiert mit zeitgenössischer Raffinesse. Es gab eine starke Betonung auf Wärme und Komfort, wobei traditionelle Handwerkskunst mit innovativen Materialien und Details kombiniert wurde, um den Ansprüchen heutiger Luxusreisender gerecht zu werden.

Anstatt als Einschränkung empfunden zu werden, waren diese Richtlinien eine inspirierende Grundlage. Adams Vision gab uns eine klare künstlerische Richtung, die es dennoch jedem Studio ermöglichte, seine eigene kreative Handschrift einzubringen. Das Ziel war es, das Luxuserlebnis durch durchdachtes Design zu bereichern und sicherzustellen, dass jeder Raum intim, einladend und unverkennbar Cunard ist.

Diese Zusammenarbeit erforderte ein feines Gleichgewicht zwischen individueller Ausdruckskraft und kollektiver Harmonie – etwas, das Adam Tihany meisterhaft orchestriert hat. Seine Rolle war entscheidend, um eine konsistente und zugleich raffinierte Identität auf dem gesamten Schiff zu wahren. So bietet die Queen Anne ein durchgängiges, luxuriöses Erlebnis von Bug bis Heck.

Welche Neuerungen oder Umstellungen hat die Arbeit an einem Kreuzfahrtschiff für dich mit sich gebracht? Was sind die wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu deiner bisherigen Arbeitsweise, beispielsweise bei deinem Beitrag für das Mandarin Oriental in Paris?

Die Arbeit an einem Kreuzfahrtschiff war eine völlig neue Erfahrung. Der Maßstab und die Mobilität des Raumes bedeuten, dass jedes Designelement mit äußerster Sorgfalt geplant und getestet werden muss, um Langlebigkeit und Funktionalität zu gewährleisten. Anders als bei einem statischen Hotelprojekt erfordert das Schiffsdesign eine verstärkte Aufmerksamkeit für Modularität, den Einsatz leichter Materialien und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltfaktoren wie Salz und Feuchtigkeit. Diese Einschränkungen waren herausfordernd, haben mich aber auch dazu gezwungen, außerhalb gewohnter Denkweisen zu arbeiten und innovative Lösungen zu finden, ohne dabei Kompromisse bei der Ästhetik einzugehen.

Eine unvermeidliche Frage: Bist du selbst schon einmal auf Kreuzfahrt gewesen? Welche Beziehung hast du zu dieser Art des Reisens? Kurz gesagt, konntest du dich während der Gestaltung der Räume, die den Gästen bald zur Verfügung stehen würden, in die Rolle einer Kreuzfahrtpassagiere hineinversetzen?

Vor meiner Zusammenarbeit mit Cunard hatte ich noch nie eine Kreuzfahrt gemacht. Doch während des Designprozesses habe ich mich ganz bewusst in diese Welt eingetaucht. Der offizielle Projektstart fand an Bord der Queen Victoria statt, sodass ich die Gelegenheit hatte, zu beobachten, wie sich die Gäste in den Räumen bewegen, wie sie entspannen, Kontakte knüpfen oder auch Rückzugsmöglichkeiten suchen. Eine Kreuzfahrt zu gestalten bedeutet, eine Reise innerhalb einer Reise zu kreieren – ein nahtloses Erlebnis, bei dem jedes Detail zum umfassenden Gefühl von Wohlbefinden und Entdeckung beiträgt.

Ich bin der Meinung, dass Cunard besonders viel Wert auf die Gestaltung der Räume an Bord legt, da es sich um eine Marke mit einer langen Tradition von Eleganz und einer faszinierenden Geschichte des Reisens auf See handelt. Ich möchte nicht verallgemeinern, aber ich denke, dass auf den “Queens” von Cunard oft Gäste reisen, die besonders auf Details und die Raffinesse einzelner Elemente achten. Es sind Kreuzfahrtpassagiere, die es genießen, viel Zeit an Bord zu verbringen, und daher eher die Möglichkeit haben, die Feinheiten wahrzunehmen. Hattest du diesen Eindruck auch? Wurde dir das von Cunard vermittelt oder hattest du das Gefühl, frei gestalten zu können, was deine Erfahrung und Kreativität dir eingegeben haben?

Absolut. Die Liebe zum Detail und das Bekenntnis zur Eleganz, für die Cunard steht, waren in jeder Besprechung spürbar. Das Team hatte ein tiefes Verständnis dafür, welche Rolle Design dabei spielt, die Erfahrung der Gäste zu bereichern. Ich fühlte mich sehr privilegiert, mit einem so engagierten Auftraggeber zusammenzuarbeiten. Obwohl es klare Erwartungen gab, hatte ich dennoch die Freiheit, meine eigenen kreativen Interpretationen einzubringen – stets im Einklang mit ihrer Vision einer zeitlosen Raffinesse.

Nach Abschluss der Arbeiten fährt die Queen Anne heute auf den Weltmeeren und bietet ihren Gästen ein elegantes und faszinierendes Kreuzfahrterlebnis. Wie denkst du, positioniert sich das Projekt im aktuellen Segment des luxuriösen Reisens? Würdest du sagen, dass es sich um ein innovatives Projekt handelt, das neue Maßstäbe im Kreuzfahrt-Design gesetzt hat, oder eher um ein Beispiel für die Bewahrung der Tradition – wenn auch mit dem Einsatz modernster Materialien?

Die Queen Anne ist eine perfekte Verbindung von Tradition und Moderne. Sie ehrt das prestigeträchtige Erbe von Cunard, führt aber gleichzeitig neue Materialien, zeitgenössische Akzente und eine entspanntere Form von Luxus ein, die den sich wandelnden Erwartungen der heutigen Reisenden entspricht. Es geht nicht darum, mit der Vergangenheit zu brechen, sondern darum, sie aufzuwerten und sicherzustellen, dass jeder Raum relevant, einladend und dennoch tief in der legendären Geschichte von Cunard verwurzelt bleibt.

Kreuzfahrtschiffe zählen zu den Bereichen, die besonders auf Nachhaltigkeit und den Schutz der Umwelt achten. Diese Philosophie prägt die technische Planung – von der Antriebstechnologie über die Emissionskontrolle bis hin zu den notwendigen Kooperationen mit den angelaufenen Häfen und den jeweiligen lokalen Gemeinschaften. Spiegelt sich dieser Leitgedanke auch stark im Interior Design wider? Ich denke dabei insbesondere an die Auswahl der Materialien, ihre Herkunft und Ähnliches.

Nachhaltigkeit ist im Luxusdesign ein zunehmend zentrales Thema, und dieses Projekt bildet da keine Ausnahme. Wir haben großen Wert auf die Auswahl umweltfreundlicher Materialien gelegt und eng mit Lieferanten zusammengearbeitet, die verantwortungsvolle Praktiken priorisieren. Langlebigkeit und Umweltverträglichkeit waren entscheidende Faktoren, insbesondere bei der Materialwahl und den Herstellungsprozessen. Schöne und zugleich langlebige Räume zu schaffen, ist der nachhaltigste Ansatz, den wir verfolgen können.

Hast du derzeit weitere Projekte in Zusammenarbeit mit Kreuzfahrtgesellschaften? Denkst du, dass dieser Sektor eine immer größere Rolle in deiner Arbeit spielen könnte, oder bevorzugst du es, den Anteil deiner Beteiligungen nicht zu verändern? Falls du wieder „an Bord“ eines Schiffes gehen würdest, in welchen Bereichen würdest du gerne neue Erfahrungen sammeln?

Ich bin immer offen für neue Möglichkeiten in der Kreuzfahrtbranche. Obwohl meine Arbeit vielfältig bleibt – von Hospitality-, Wohn- bis hin zu kommerziellen Projekten – finde ich, dass die Welt des Schiffdesigns unglaublich inspirierend ist. Falls ich zurückkehren sollte, würde ich gerne einen Spa- und Wellnessbereich gestalten, um ein friedliches und multisensorisches Erlebnis für die Passagiere zu schaffen. Ein weiteres Interessensgebiet wäre die Gestaltung privater Suiten, die ich neu denken würde, um noch mehr Komfort und Exklusivität zu bieten.

Ich glaube, dass das Interior Design eines Schiffes eine entscheidende Rolle bei der Definition seiner Identität spielt und von großer Bedeutung für das Branding einer Kreuzfahrtgesellschaft ist, das sie von anderen unterscheidet. Es stellt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal dar, das über reine Ästhetik und funktionales Design hinausgeht. Sicherlich hat dir das Beispiel der Queen Anne Sichtbarkeit verschafft, und ich bin sicher, dass wir in Zukunft noch viele elegante Räume aus deinem Studio sehen werden.

Ich danke dir sehr für deine Zeit und dafür, dass du uns einen genaueren Einblick in das Projekt für Cunard Line gegeben hast. Viel Erfolg weiterhin!

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Gabriele Bassi

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